Faseln oder Fasten

Die folgende Recherche finde ich sehr interessant – spannend vor allem von der linguistischen Entwicklung her. Ich zitiere im Folgenden größtenteils aus www.jahreskreis.info

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Fasnacht wird oft als die 5. Jahreszeit bezeichnet, eine Zeit, die für sich gesehen schon so eine Art Zwischenreich bedeutet, weil sie außerhalb des normalen Rhythmus steht.

Manche Gegenden sind berühmt und bekannt für ihren Fasching – wie Köln, Venedig oder auch die alemannischen Umzüge, wie es sie hier am Bodensee gibt. Beeindruckend ist auch die Basler Fasnacht, die aber erst am Montag nach Aschermittwoch um 4:00h mit dem Morgestraich anfängt und dann 72 Stunden dauert. Alle Aktiven tragen eine Larve. Berühmt sind die Pfeifer- und Tambouren-Cliquen wenn sie mit ihren Piccoloflöten durch die Basler Innenstadt marschieren und von Basler Trommeln rhythmisch begleitet werden.

Strengstens verboten
Von der Kirche noch nie gerne gesehen und als „unflätige Feste“ sogar strengstens verboten, und zwar ab dem Jahr 743 unter Vorsitz von Bonifatius – also demjenigen, der auch die heiligen Bäume fällen ließ, dem so genannten „Apostel der Deutschen“.
In Artikel 24 dieses Synodenbeschlusses wurden auch die heidnischen Zusammenläufe mit zerrissenen Kleidern und Schuhen verdammt – allerdings mit wenig oder keinem Erfolg, weil sich niemand daran hielt.
Diese wilden, obszönen, närrischen, ungezügelten Feste waren nicht weg zu bringen.

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Fasten gegen das Leben
Es war eine Zeit, die mit dem Sprießen der Säfte in der Natur einherging. Damit, dass alles wieder zum Leben erwachte, auch die Säfte im Menschen.
Deshalb wurde aus diesen spätwinterlichen ausgelassenen und natürlich immer erotisch-exzessiven Festen die christliche „Fastenzeit“.
Aus den Vasel-Nächten oder Fasel-Nächten wurden die Fasten-Nächte, jene vierzigtägie Fastenzeit vor Ostern.
Trotzdem konnte das alte Brauchtum nicht überwunden werden.
Fas kommt von „fruchtbar machen“
Man sieht, dass die Wortnähe von „FAS-nacht“ oder auch Fastnacht zu „Fasten“ gar nichts damit zu tun hat.
Im Gegenteil!
Das Wort kam von dem Brauch des „FASELNS“.
Es ist ein mittelhochdeutsches Wort: „vaselen“ oder auch „viseln“ = fruchtbar machen, gedeihen, vermehren.
Und dieser Brauch des Faselns war eine – wie könnte es auch anders sein –
AUSCHWEIFENDE FRUCHTBARKEITSORGIE!
Diese Feste waren bei den Germanen als Faselnächte bekannt. „FASEL“ bedeutet althochdeutsch „Nachkommenschaft“, mittelhochdeutsch „Zuchtvieh“.
Man kennt noch Faselvieh, Faselhengst, wobei „Visel“ oder „Viselin“ das männliche Glied bezeichnen!!!

Ist doch sehr interessant, wie das Wort dann ins Gegenteil verkehrt wurde!

Es handelte sich also um wilde Feste mit Vermummung, Maskenläufen, Trinkgelagen und phallischen Umzügen. Eine Berührung mit dem schöpferischen Chaos.

Eine Energie, die ausgelassen, geil und fruchtbar macht, aber genauso leicht das Gleichgewicht stören und krank machen kann.
Deshalb ist diese Zeit auch äußerst empfindlich.
Statt „Faseln“ gibt es heute „Fasten“, was schon eine unlebendige Verlagerung des ganzen Geschehens ist, eine Ins-Gegenteil-Verkehrung.

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Wenn „Faseln“ das Höchstmaß an Lebendigsein bedeutet, dann bedeutet „Fasten“ das Gegenteil, Unlebendigkeit, Enge, Erstarrung, Gefühllosigkeit, Askese auf allen Ebenen.
Genau das, was die Kirche wollte.

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Dämonenzug
Die Fasnacht mit dem noch ältesten Bezug zum Brauchtum ist die alemannische Fasnet.
Die Masken, die Kleidung, alles hat eine uralte Überlieferung und ist nicht beliebig hergestellt. Sie sind oft schon uralt und dürfen auch nicht verändert werden.
Das ist wie bei anderen alten Naturvölkern ind Afrika, Tibet usw. Auch dort wurden diese Masken ursprünglich hellsichtig geschaut. Sie stellen übernatürliche Wesenheiten dar.
Es sind die Geister selber, die sich da in den Masken und Figuren verkörpern. Sie tragen heute noch Namen wie der Fastnatbutz, der Bögg, die Moosweiblein oder auch die Figuren, die halb Tier halb Mensch sind.
Es war auch nicht ungefährlich diese Masken zu tragen, weil man von diesen Geistern besessen werden konnte, wenn man zu sensibel war. Deshalb war es lange Zeit den Frauen auch verboten, weil sie wesentlich empfänglicher sind als die Männer.
Jede Maskengruppe der alemannischen Fasnacht hat ihr Losungswort – wie das bei Geistern so üblich ist. Und wehe man weiß es nicht, dann wird Schabernack getrieben. Dann wird man mitgeschleppt oder eingerieben, verspottet …
Wenn der Dämonenzug vorbei ist, hat er viel alten und seelischen Unrat mitgenommen und damit den Weg für den Frühling und die Frühlingsgöttin geebnet und gereinigt.
Im wahrsten Sinne ein Kehraus.

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Die Fotos sind allesamt vom Umzug 2006 in meinem Dorf Nonnenhorn.

Blogeintrag vom 13.02.2007