Ein kulinarisches Märchen

Am Wochenende habe ich es zu Ende gelesen – das Buch von Walter Moers, „Der Schrecksenmeister“ – und habe mich herrlich amüsiert!

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Was mir am allerbesten gefallen hat, ist der (Sprach)witz von Walter Moers. Einfach umwerfend – hier nur eine Kostprobe aus dem Kapitel über „Riechung, Hörung, Schmeckung“ (dabei geht es um eine Weinprobe…)

»Wein«, sagte Eißpin, »kann dir die berauschendste Inspiration deines Lebens schenken – dir aber auch komplett den Verstand rauben. Mit Sicherheit kann man über Wein eigentlich nur eines sagen.« »Und das wäre?«
»Dass guter Wein ziemlich teuer ist!«, lachte Eißpin. »Los geht’s! Wir beginnen mit der Degustation.«…

Eißpin füllte ein Glas mit Rotwein und hielt es hoch. »Zuerst: die Sichtung!«, rief er.
Eißpin nahm das Glas ganz nah an sein Gesicht, kniff das linke Auge zu und starrte mit dem rechten hinein.
»Das Auge trinkt mit!«, sagte er. »Ist der Wein rot oder weiß? Der Kenner kann daraus schließen, ob es sich um einen Rotwein oder um einen Weißwein handelt. Faustregel: Ist der Wein durchsichtig und von leicht goldener Färbung, dann könnte es sich um einen Weißen handeln. Ist er aber tintig und rot und versperrt dem Auge die Durchsicht, dann hat man es eventuell mit einem
Rotwein zu tun. ….

»Und nun«, rief er, »die Schmeckung!«
Er trank das Glas in einem einzigen Zug leer, wobei es ihm. völlig egal zu sein schien, dass ihm der rote Saft in den Kragen lief. Er behielt einen Schluck im Mund, auf dem er übertrieben lange herumkaute, bevor er auch ihn herunterschluckte.

»Aaaah! Recht frühreif, aber schon von Charakter! Ein starkes Rückgrat aus Walnuss und Erdbeere – blümerant, aber auf eine erdige, ehrliche Art. Ein Echo aus Lakritz hallt lange am Zäpfchen nach und seilt sich dann tief in die Speiseröhre ab. Ein Reifeton, der schmeckt wie eine alte Geige, die ein vertrautes Wiegenlied spielt. Der unvermeidliche Pfirsich, der in jedem Roten lungert, aber paniert mit mürbem Keks. Da ist Kerzenfett. Neuschnee. Spekulatius. Wenig Finesse, dafür eine burschikose Säure, die etwas breitschultrig ist in den Kanten, aber korrekt ins Holz nagelt. Ich schmecke junges Leder, rostiges Eisen, feuchten Teppich, Fensterkitt und Tannennadeln. Auch Gänsebraten und den Brombeerpudding meiner toten Großmutter. Der Körper hat Volumen, aber ich würde ihn nicht als dick, sondern eher als vollschlank bezeichnen, mit viel zu großen Füßen. Eine Olivenölspur schmiert seinen Abgang,welcher lang und breit ist, wie der Ton einer uralten Totenglocke, der in den unterirdischen Gewölben einer Katakombe verklingt, in der siebenhundert nackte Zwerge fasten“ …

Vielleicht habe ich Euch Lust auf dieses Buch gemacht? Ihr werdet es nicht bereuen!
Einen guten Start in die Woche wünscht Euch Ellen-seelenruhig

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