Was ist Ihnen der Tod?
Auf diese Frage antwortete Cosmus Flam in seinem Buch „Das letzte Kleinod“
„Was mir der Tod ist?“
Die Tür zu dem rätselhaften Gotte, die Erlösung aller Gefangenschaft,
die entriegelte Kerkertür. Man geht
einfach hinaus. Der Weg ins Freie, die große Reife.
Ich bin einmal im Boote durch Schilf und Röhricht gefahren.
Auf der Wolga, unten bei Astracham.
Es war ein mühevoller Weg. Sumpfblasen platzten
vor meinem Kiele, an meinen Rudern hing Tang;
Binsen und Unkraut stellten sich mir in die Fahrt.
Die Sonne stach heiß. Der Blick war getrübt.
Ich ruderte bis ich schwitzte.
Oft war ich mutlos und im Begriffe mich hinzulegen und
dazubleiben. Es war gegen Abend, als sich plötzlich das
Dickicht lichtete, und vor mir, ach, mein Freund, vor mir
lag der gewaltige Strom weit, majestätisch und wahrhaft göttlich.
Er rollte seine purpurnen Wogen in den Abend, und
ein Sonnenuntergang lag über seiner Mündung.
Am Himmelsrand aber lag das Meer, unbegreiflich groß
und weit und unermesslich.
Da war alle Müdigkeit vergessen, aller Sumpf und die
Hitze des Mittags.
Die Strömung fasste mein Boot, ich setzte die Segel
und fuhr glückselig hinab, erfüllt vom Überschwang
des Ozeans.
… So ähnlich vielleicht wird es sein.
Cosmus Flam (1899-1945)
Alle Fotos: seelenruhig gestern im Gartenpark des Hospiz Haus Brög zum Engel
Ehrenamtlicher Dienst am Nachmittag. Das Haus ist voll belegt. Fünf Gäste. Fünf Schicksale. Bei jedem Gast auch Angehörige zu Besuch.
Danach Schwimmen im kühlen See – und Sitzen auf der Terrasse bis es dunkel wird. Herrliches Abendrot und davor, wie Scherenschnitte, die Blüten des Schmetterlingsbaumes. Dazu viele Gedanken an die Menschen, die ich diesen Nachmittag getroffen habe.
Liebe Ellen, wie tröstlich! Gestern haben wir meinen Bruder beerdigt, der mit 61 Jahren den plötzlichen Herztod gestorben ist. Er war aktiver Sportler, Diskuswerfer, amtierender Europameister im Diskus seiner Altersklasse. Er hatte auf dem Sportplatz Hammer geworfen und wurde vor seinem Auto gefunden. Sein Tod ist für uns noch nicht zu fassen.
Liebe Grüße, Regine
Das Schwimmen im See macht es leicht und den Kopf frei… schön das es dich gibt.
Liebe Grüße
Rita
Mein Sohn hatte vor wenigen Jahren eine Nahtoderfahrung. Am Sonntag Morgen sprachen wir über das Leben und auch den Tod. Der Tod sei nicht schlimmes….aber sicherlich manchmal der Weg bis dahin. Der Tod sei für ihn die Erlösung von allem was ist. Das hat mich beeindruckt so wie auch Deine Gedanken!
Lieber Gruss
Isabella
Sehr schöne Worte! Ich glaube auch, das nicht der Tod schlimm ist, sondern wohl der Weg dahin, wenn man leiden muss oder mit Angst stirbt.
Auch deine Bilder sind sehr sehr schön……
LG
Christine
Ja, die Segel setzen – glückselig sein – ein behüteter Weg auf dem Meer – getragen von den Wellen -bis…..so ähnlich**
Passende Bilder in diesem „Garten“ –
liebe kunterbunte Sommergrüße, an dich Ellen – und allen Leser**
*rena*
Liebe Ellen,
ja, bevor meine Mutter vor zwei Jahren verstorben ist, hatte ich eine gewisse Angst oder Beklemmung vor dem Tod. Sie lag aber so friedlich da, ganz entspannte Gesichtszüge – die letzten Lebensjahre war sie dement – , so dass ich vor diesem Anblick überzeugt bin, sie ging in ein schöneres Stadium über. Der Gesichtsausdruck meiner Mutter hat mir die Furcht genommen. Ich hoffe, ich werde irgendwann einmal wieder bei ihr sein können – (es muss ja nicht schon bald sein – ich habe noch so viel vor).
Ein bewegender Text, den du veröffentlicht hast, und wie immer, sehr schöne Fotos. Der Engel aus Treibholz – wunderschön. Ich liebe Treibholz – und vor allem das, was man daraus machen kann. Gut, dass es eine Hospizeinrichtung gibt.
Liebe sonnige Grüße
Irene
Liebe Ellen, ich bewundere eure Arbeit die ihr im Hospitz macht, es darf sich jeder glücklich schätzen so umsorgt in eine andere Welt zu gehen. Der Garten ist wunderschön und schenkt den Angehörigen sicherlich Trost und Kraft. Auch die Geschichte macht Mut, ich finde es so wichtig das die Menschen sich mit dem Tod auseinander setzen, er gehört nun mal zum leben.
Liebe Grüße Alexandra
P.s. Gell, den Kübel hätsch au gnomme 😉
Dazu habe ich mir in mein literaTür-Hefte einige Zitate notiert:
* Der letzte Augenblick des Lebens muß groß und frei sein, denn was sich da ereignet, erlebst du nur einmal im Leben. Du mußt in den Tod GEHEN. Du mußt ihn ein Leben lang üben, damit er dich nicht überfällt. (Janosch: Polski Blues)
* Und bastele weiter an meinem Bild des Sterbens, weil ich es wichtig finde, dass man sich nicht an Kabeln und Drähten befindet, wenn man die letzten Gedanken denkt. Sondern dass man in ein Bild einsteigen kann, dass man schon früher gebaut hat, das Bild eben, in dem man diese letzten Gedanken denken möchte. Das Bild muss also wachse, damit man in diesem Bild verschwinden kann. (Christoph Schlingensief: So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein)
* Wie wird es sein. Wird die Schwäche übermächtig. Wird der Körper die Herrschaft über mein Denken übernehmen. Wird, in einem gewaltigen Schub, die Todesangst einfach wieder alle Positionen besetzen, die ich meiner Unwissenheit, meiner Bequemlichkeit, meinem Hochmut, meiner Feigheit, Faulheit, Scham abgerungen habe. Wird sie es fertigbringen, auch den Vorsatz einfach wegzuschwemmen, für den ich auf dem Weg hierher die Formel suchte und fand: Ich will die Bewußtheit nicht verlieren, bis zuletzt. (Christa Wolf: Kassandra)
Das tut gut, hier zu schauen und zu lesen. Das Janoschzitat meiner Vorkommentatorin gefällt mir besonders gut!
Das Buch, in dem ich grad gute Abschnitte zum Thema finde ist von Constanze Kleis und heißt: Sterben Sie bloß nicht im Sommer- und andere Wahrheiten, die Sie über Ihr Ende wissen sollten.
Gruß von Sonja
Die Worte sind sehr tröstlich, wenn nur der Weg dahin nicht so beschwerlich wäre.
Meine liebe Tante hat diese Woche ihr Ziel erreicht, meine Freundin ist im Hospiz und ist auf dem Weg. Es ist so schwer das auszuhalten. Darf ich mir die Worte von Cosmus Flam mitnehmen, für sie und für mich?
Danke für Deine Arbeit im Hospiz und Deine Gedanken.
Helga